Einleitung

Die Forderung, alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen, wird zunehmend lauter. Sie verspricht mehr Gerechtigkeit und langfristige Stabilität. Doch wie lässt sich ein solcher Systemwechsel konkret umsetzen, ohne bestehende Ansprüche zu verletzen oder politische Gräben zu vertiefen?

In einem vorangegangenen Beitrag "Ist die Rente wirklich nicht mehr sicher? Was uns niemand zur Demografie sagt" wurde gezeigt, dass eine breitere Beitragsbasis das Rentensystem deutlich entlasten könnte. Dieser Folgeartikel beleuchtet, wie eine faire und realistische Übergangsregelung aussehen könnte.

1. Was wir aus der Rentenbesteuerung lernen können.

Die Umstellung von der beitragsfinanzierten auf die nachgelagerte Rentenbesteuerung (seit 2005) bietet ein historisches Vorbild:

  • Über einen Zeitraum von 35 Jahren wurde schrittweise umgestellt.

  • Das Ziel: Vertrauen bewahren, Bestandsfälle schützen, Systemglaubwürdigkeit erhalten.

Für die Rentenreform bedeutet das: Eine Einführung mit Augenmaß ist möglich und sinnvoll – aber kein Grund, den Umbau ewig hinauszuschieben.

2. Warum eine Einführung in Etappen sinnvoll ist.

Ein sofortiger Zwang für alle wäre politisch nicht vermittelbar und rechtlich problematisch. Ein schrittweises Modell hingegen:

  • respektiert bestehende Versorgungswerke und Pensionsansprüche,

  • entlastet die Rentenkasse zeitnah,

  • gibt Zeit für institutionelle Anpassungen.

3. Vorschlag für eine gestufte Übergangsregelung (15 Jahre)

Jahr 1–5:

  • Versicherungspflicht für alle neu eingestellten Beamten und neu gemeldeten Selbstständigen.

  • Freiwillige Beteiligung für Bestands-Selbstständige mit attraktiver Anrechnungsmöglichkeit.

Jahr 6–10:

  • Pflichtversicherung für alle Selbstständigen unter 45.

  • Kooperation mit Versorgungswerken für eine koordinierte Umstellung.

  • Beiträge aus Nebenbeschäftigung für Beamte werden rentenwirksam.

Jahr 11–15:

  • Vollständige Einbeziehung aller unter 50-Jährigen in die gesetzliche Rentenversicherung.

  • Begrenzung doppelter Renten- und Pensionsansprüche durch Anrechnungsregeln.

4. Fazit: Wandel braucht Zeit – aber nicht zu viel.

Die Einbeziehung aller Erwerbstätigen ist ein historischer Schritt hin zu mehr Gerechtigkeit im Rentensystem. Aber er muss gut vorbereitet sein. Eine Übergangszeit von 10 bis 15 Jahren erscheint realistisch und gerecht:

  • kurz genug, um das System rasch zu stabilisieren,

  • lang genug, um Vertrauen und Rechtsfrieden zu wahren.

Der demografische Wandel duldet keinen Aufschub. Wer eine gerechte Rente will, muss auch den Mut zur Umstellung haben.